bookmark_borderAnderssein

Habe mir ein paar Gedanken zum Anderssein gemacht.

Gibt so viele Aspekte. Einige wollen unbedingt anders sein als andere, während andere wiederum unbedingt nicht anders sein wollen und lieber in der Masse verschwinden würden.

Ich selbst habe rote Haare und wurde als Kind ständig dafür gefoppt. Ich hasste meine Haare, bis ich die ersten Frauen kennenlernte welche es eine wunderschöne Farbe fanden.

In meiner Schulzeit erinnere ich mich an einige Mädchen die definitiv nicht anders sein wollten. Die wollten um keinen Preis auffallen.

Und der Gruppe der nicht freiwillig Andersseienden (nicht gegendert, wusste nur nicht wie ich das besser schreiben kann) gibt es dann diejenigen die gerne anders sind. Und andere die es hassen anders zu sein. Oder einige machen das beste draus, reissen Witze, während andere rummäkeln.

Wer gewollt anders ist, zum Beispiel als Tennie als Punk rumläuft, will vermutlich ausloten wer er ist, oder wo die Grenzen der anderen sind. So im Stil: wie abartig kann ich mich verkleiden/benehmen, bis meine Familie/Freunde nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Oder er glaubt so Anerkennung für sein so cooles Anderssein zu erhalten.

In diesem Sinne glaube ich auch, dass Klimakleber anders sein wollen. Ich wette, dass 99,9% dieser Kleber in 10 Jahren beschämt auf die Zeit zurück blickt. Aber jetzt stehen sie im Rampenlicht, sie lieben es.

Zu meiner Zeit vielen Punks oder Gothic Leute auf. Keiner von denen läuft heute noch so rum, ausgenommen auf entsprechenden Parties.

Von denen die unfreiwillig anders sind, persönliche Erfahrung, gehen die meisten aufgeschlossen damit um. Machen Witze über ihr Anderssein, Hautfarbe, Religion, Behinderung.

Dann gibt’s aber die paar wenigen die ständig glauben benachteiligt zu werden wegen ihrem Anderssein. Und sie machen uns das Lebens zur Hölle. Schwarze, Frauen, Trans, setze die Liste beliebig fort.

Dann gibt’s noch den Aspekt der Angst. Man hat Angst vor denen die anders sind. Eine andere Hautfarbe haben, eine andere Religion leben, oder ihre Sexualität anders ausleben.

Heute wird überall Gleichheit für alle gefordert. Realität ist aber, wir sind alle total verschieden. Wieso wird überall Gleichheit gefordert? Können wir mit dem Anderssein nicht mehr umgehen? Haben wir verlernt, oder es nie gelernt, wie man sich Fremdem annähern kann?

Dieses ganze Fingerzeigen auf Rassisten, Homophobe, Queerfeindliche hat, meine persönliche Erfahrung eher den gegenteiligen Effekt. Anstatt man den Leuten „erlaubt“ normal, gesund, mit solchen Situationen umgehen zu können, wird man in ein Korsett gesteckt: Das darfst du mit denen nicht, dies darfst du mit jenen nicht, jenes darfst du mit diesen nicht.

Diese ganzen *phobien denen wir anscheinend unterliegen, beziehungsweise den Verboten die aufgestellt werden, verunmöglichen uns den normalen Umgang.

Ich erinnere mich an meine erste Begegnung mit einem schwarzen in Amerika, im Zug. War grad die Zeit, frühe 90, wo das Thema des Rassismus allgegenwärtig war. Ich fühlte mich total unwohl. Wusste nicht was richtig ist, hinschauen und lächeln oder wegschauen. Ohne dieses Rassismus Thema hätte ich vermutlich gelächelt und ein Lächeln zurückerhalten.

Kürzlich, im Geschäft, fing eine Arbeitskollegin zu weinen an als wir draussen beim Rauchen waren. Vor 20 Jahren, hätte ich sie in den Arm genommen. Heute frage ich mich: überschreite ich eine Grenze? Zeigt sie mich nachher an?

Das ist voll schräg und macht mir Angst. Ich fühle mich nicht mehr frei. Überall lauert Gefahr etwas falsches zu sagen/ zu tun und dafür bestraft zu werden.

Dabei ginge es doch auch anders! Meine Frau, panische Angst vor Muslimen, denkt jeder Muslime trägt eine Bombe unter der Kutte. Fast wöchentlich erzählt sie mir von tollen Begegnungen mit Muslimen. Fast jedesmal frage ich: Hast du gefragt wo die Bombe ist? Und jedesmal lacht sie und schämt sich.

Diese Ängste vor dem anderen versteh ich gut. Ich glaube aber, dass wir mit all den Verboten nicht das erreichen, was wir erreichen wollen. Der normale Umgang mit dem Anderssein wäre schön. Ich gebe es zu, auch ich habe manchmal Mühe, aber dann artikuliere ich dies, dass ich mich unwohl fühle, weshalb, und meistens ist dann gut.

Lässt uns das Fremde, also wenn wir die Chance kriegen es kennen zu lernen, nicht auch ständig wachsen?